11. Division                                                                                                 D.Przezdziatka, den 17.10. 1939.
Abt.Ia Nr. 81/39 geh.

Bezug: I.A.K. Ia Nr. 142/39 geh. v. 2.10.39

Betr.: Erfahrungsbericht.

Dem

I.A.K.

1.) Angriff gegen ständige und Feldbefestigungen.

    Die Angriffe auf die Befestigungen bei Mlawa und die Vorstädte von Warschau, die festungsartig ausgebaut waren haben gezeigt, daß die Angriffsvorbereitungen
    viel Zeit erfordern. Dieser Forderung ist nicht immer genügend Rechnung getragen worden. Ein besonders hervorstechendes Beispiel hierfür ist der gescheiterte
    Angriff des Pz.Rgts.7 im Abschnitt der 11.Div. bei Mlawa.

    Der Schwerpunkt des Angriffs bei Mlawa lag bei der 11.Div. Es hat sich gezeigt, daß dem Gesichtspunkt der Zusammenfassung von möglichst viel Artl. im Schwerpunkt
    des Angriffs nicht ausreichend Rechnung getragen worden ist.

    Für die Bekämpfung der Bunker hat sich die Artl. der Div. als unzureichend erwiesen. Hierfür werden schwerere Kaliber und Kanonen (gepanzert auf Selbstfahrlafette)
    benötigt. Sehr gut bewährt haben sich bei Bekämpfung der Scharten die Geschütze der Pz.Abw.Abt. Mit ihrer Hilfe konnten mehrere Bunker außer Gefecht gesetzt werden.

    Der Erfolg hätte größer sein können, wenn die Pz.Abw.Abt. auch mit Sprenggranaten Az. ausgerüstet wäre. Sie hätte so die Möglichkeit, wirksam M.G.Nester zu bekämpfen,
    die im Zwischenfeld eingenistet sind und ein Herankommen an die Bunker verhindern. Der Schutzschild der Pak hält auch auf nahe Entfernung M.G.Beschuß aus.

    Bei Einsatz von Pionier-Stoßtrupps gegen die Bunker hat sich gezeigt, daß der Flammenwerfer in seiner jetzigen Konstruktion nur bei örtlich und zeitlich begrenzten
    Unternehmungen in Frage kommt. Er ist zu schwer, um über größere Strecken bei deckungslosem Gelände getragen zu werden.


2.) Kampf um Flußübergang.

    Die polnische Gegenwehr beim Übergang über den Narew und Bug war gering. Hier hat es sich gezeigt, wie wichtig
    wichtig rechtzeitiger Einsatz eines ausreichenden Feuerschutzes und das frühzeitige Übersetzen starker Kräfte ist. Größtenteils leistete der Pole nicht unmittelbar
    am jenseitigen Ufer Widerstand, sondern hatte sich gut getarnt einige hundert Meter vom Fluß abgesetzt, um durch Gegenangriff die übergangenen Teile zurückzuwerfen.

    Für das Übergehen der Truppen über den Fluß haben sich das Einrichten von Ablauflinien und straffe Verkehrsregelung sehr bewährt. In einem Falle wurde eine ganze
    Komp, zur Verkehrsregelung bei einer Kriegsbrücke mit besonderem Erfolg eingesetzt.


3.) Wald- und Ortsgefechte.

    Der Pole hat in erheblichem Maße von Baum- und Heckenschützen Gebrauch gemacht. Sie sind schwer zu erkennen und daher schwer zu bekämpfen. Für die Bekämpfung
    dieser Ziele ist die Ausbildung der Truppe ergänzungsbedürftig.

    Für das Ortsgefecht verlangt die Vorschrift, daß die Häuser erst durch schwere Waffen sturmreif zu schießen sind. Die Erfahrung hat gelehrt, daß beim Kampf um
    große Ortschaften der Erfolg erst dann gewährleistet ist, wenn jedes Haus systematisch zerstört wird. Das erfordert viel Zeit, es wird aber vermieden, daß beim
    weiteren Vorgehen durch zurückgebliebene Dachschützen große Verluste eintreten.

    Spähtrupps in größeren Ortschaften unter Zugstärke setzen sich der Gefahr aus, abgeschnitten und vernichtet zu werden. Für größere Stoßtrupps ist am besten eine
    verstärkte Komp. einzusetzen, der Funkgerät und ein Artl.Beobachter beizugeben ist.

    Die Unterstellung ungepanzerter Stoßtrupps unter Panzer hat sich nicht bewährt. Der Panzer sieht zu wenig. Der Pzkw. muß dem ungepanzerten Stoßtruppführer
    unterstellt werden, der den Panzer von Ziel zu Ziel leitet. Dies wäre im Frieden zu üben, da die Verständigung mit dem Fahrer des Pzkw. große Schwierigkeit macht.


4.) Gefecht bei Dunkelheit.

    Die Truppe neigt anfangs zur Nervosität. Die größte Gefahr für die Truppe ist die wilde Schießerei. Zusammenhalten der Kräfte und Schießen nur auf Befehl der
    Führer ist daher besonders wichtig. Das Kennwort muß zur Vermeidung von Verlusten rechtzeitig bekanntgegeben werden.

    Bei der Ausbildung für das Gefecht bei Dunkelheit muß mehr Wert auf die Unterschiede der Gliederung bei Tag und bei Dunkelheit gelegt werden.

5.) Einsatz der schw.Inf.Waffen.

    Die schw.Inf.Waffen haben sich in jeder Hinsicht voll bewährt.
    Das Mitführen des freigemachten schweren Granatwerfers über lange Strecken stellt übermäßige Anforderungen an die Bedienung. Bei schnellem Vorgehen der
    Schützenkomp. kann daher der schw.Granatwerfer nicht folgen. Es ist notwendig, den Granatwerferkarren so zu konstruieren, daß er auch im Mannschaftszug bewegt
    werden kann.

    Das M.G.34 hat sich überall dort voll bewährt, wo es sachgemäß behandelt worden ist.

6.) Einsatz der Artillerie.

    siehe Bericht des A.R.11.
    Hierzu wird wie folgt Stellung genommen:
    1.) Feuerpläne der Inf. sind bei Mlawa aus Mangel an Zeit nicht zustande gekommen, dagegen waren bei den Kämpfen um Warschau genaue Feuerpläne zwischen Inf.
        und Art. festgelegt.

    2.) Das Auslösen des Sperrfeuers durch vorgeschobene Beobachter genügt nicht. Es muß damit gerechnet werden, daß die Verbindungen (Draht oder Funk) nicht immer
        in Ordnung sind. So waren z.B. durch den Angriff der Panzer bei Mlawa sämtliche Leitungen der Div. zerstört.

    3.) Die Ausbildung in der Zusammenarbeit zwischen Art. und Art.Flieger bedarf noch sehr der Vervollkommnung.
        Im übrigen mit dem Bericht einverstanden.

7.) Einsatz der Pioniere im Angriff.

    Zuteilung von Pionierspähtrupps bei den angreifenden Btln. hat sich sehr bewährt. Sie dürfen nicht zu schwach sein und müssen im allgemeinen ein M.G. bei sich haben.
    Für die A.A. ist Zuteilung von Pionieren unbedingt erforderlich.

8.) Einsatz der Truppennachrichtenverbände und der Nachrichtentruppe, insbesondere Bewährung des Funkgeräts als Führungsmittel bei den verschiedenen Waffengattungen.

    Das Funkgerät der Truppennachrichtenverbände hat sich im allgemeinen bewährt. Folgendes ist verbesserungsbedürftig:
    a) das Gerät ist zu schwer, der Aufbau erfordert zuviel Zeit. Wünschenswert wäre ein Gerät, mit dem auch in der Bewegung empfangen und gesandt werden kann.
    b) Die Frequenzen der Torn.Funktrupps b sind nachts derart gestört, daß eine Verbindung meist nicht möglich ist.
    c) Bei gut vorwärtsschreitendem Gefecht genügt die Beweglichkeit der Funker nicht. Ein Teil der Funktrupps müßte motorisiert sein.
       Das leichte Kabel der Inf. genügt nicht den Anforderungen. Wünschenswert ist bei den Inf.Rgtn. die Aufstellung eines mittl. Fernsprechtrupps an Stelle des kleinen
       Fernspr.Trupps. Das Funkgerät als Führungsmittel der Div. hat sich sehr gut bewährt.


9.) Unterstützung durch die Luftwaffe.

    Neben der tatsächlichen Wirkung bei Bombentreffern ist durch Gefangenenaussagen die große moralische Wirkung der Kampfflugzeuge festgestellt worden.
    Es ist jedoch erforderlich, daß von der Inf. die Wirkung des Fliegerangriffs ausgenutzt wird, bevor der Gegner die Möglichkeit hat, die verlassenen Stellungen
    wieder zu besetzen und sich zu erholen. Hierzu muß von der Luftwaffe der festgelegte Angriffsplan genau innegehalten werden. Durch Kennzeichnung der eigenen
    vorderen Linie und entsprechenden Sicherheitsabstand müssen Verluste der eigenen Truppe durch Bombenabwürfe vermieden werden.


10.)Erdaufklärung.

    Unzureichende Aufklärung hat sich unmittelbar auf die Truppe ausgewirkt und Verluste gefordert.
    Für den Ansatz der Spähtrupps macht sich der Mangel an Karten empfindlich bemerkbar.
11.)Ausbildungsstand der Offz. und Uffz. d.B.
    Die Res.Offz. u. -Uffz. haben sich im allgemeinen gut bewährt. Erforderlich ist, daß alle Res.Offz. mehr wie bisher gezwungen werden, bei ihren Übungen
    Einheiten verantwortlich zu führen.

12.) Der Bericht der Pz.Abw.Abt.11 wird in Abschrift beigefügt. Er enthält eine Reihe wertvoller Erfahrungen. Die Div. schließt sich den Ausführungen an.
    
Allgemeines.

Es ist die Erfahrung gemacht, daß unsere Vorschriften sich voll bewährt haben.