Generalkommando I.A.K.
Korps-Hauptquartier Lochow,
Ia Nr.177/39 geh. den 23.10. 1939.
Bezug: H.Gr.Nord. Ia.
Nr. 0407/39 vom 29.9.39.
Betrifft:
Erfahrungsbericht über den Feldzug in Polen.
A.
Allgemein.
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1.) Der Pole hat
wenig Artillerie und keine Flieger gehabt. Er wurde schlecht geführt, deshalb
können Erfahrungen nur in beschränktem Umfange als allgemein
gültig angesehen werden.
Die Grundsätze der Führung und
Ausbildung haben sich bewährt. Wo sie richtig angewendet wurden, kam der Erfolg.
In der Ausbildung sind zahlreiche Lücken
erkennbar. Personelle Besetzung der Offizier- und
Unteroffizier-Stellen ist quantitativ und qualitativ nicht voll; das gilt
besonders für 2. und hauptsächlich
für die 3. Welle. Aber auch bei der aktiven Truppe macht sich
das Fehlen der genügenden Anzahl junger Offiziere, die die Truppe mitreissen und
des gut ausgebildeten
Unteroffizierkorps, das das Rückgrat der Truppe ist, sehr
bemerkbar. Der alte Angriffsschwung der Infanterie fehlte daher. Es dauerte auch
einige Zeit, bis die Scheu
vor dem feind-lichen Artilleriefeuer überwunden wurde.
Das die ausserordentlich
lückenhafte materielle Ausstattung der Divisionen 2. und 3. Welle zu Friktionen
führen musste, war schon vorher bekannt.
2.) Ausrüstung des
Generalkommandos.
a)
Fahrzeugausstattung:
1 m. Pkw. und 4
l.Pkw. sind als Fahrzeugausstattung für ein Generalkommando mit 23 Offizieren
unzureichend.
Das tritt bei
Gefechtsstandverlegung, Aufteilung des Stabes in I. und II. Staffel der
Führungsabteilung, Vorkommando der Qu.-Abt. bei gleichzeitiger Entsendung von
Ordonnanzoffizieren im Kampf und bei
Entsendung des V.P. besonders stark in Erscheinung.
Es fehlten in
Polen vor allen Dingen zusätzlich 2-3 Kübelsitzwagen. Mehrfach ist es
vorgekommen, dass die Überbringung wichtiger Befehle durch Ord.-Offz.'e durch
Steckenbleiben der Pkw's. auf Landwegen
erheblich verzögert wurde. Omnibusse müssen 3 achsig sein, um auf den Sandwegen
überall hin folgen zu können.
b)
Panzerspähtrupp:
In Polen hat sich
mehrfach die Notwendigkeit herausgestellt, zur Verbindungaufnahme des I. A.K.
mit 1.K.B. und Pz.-Div., die weit abgesetzt kämpften, Offiziere zur
Verbindaufnahme und Befehlsüberbringung mit
Panzerspähwagen zu entsenden. Die Ausstattung des Gen.-Kdo. mit 2
Panzerspähwagen wird für erforderlich gehalten.
c)
Bereitstellung von Planen:
In der Mob.-Ausstattung
waren Wagenplane für handelsübliche Fahrzeuge nicht vorgesehen. Das Gepäck und
die Verpflegung regneten daher auf dem erst en Marsch ein.
d) Planmässige Ausstattung der
Kommandobehörden mit Essgeschirren in Transportkisten ist nötig. Die Ausrüstung
des Kommandierenden Generals mit einem Kochgeschirr
ist nicht zweckentsprechend.
e)
Pferdestaffel:
Das Gen.-Kdo. hat planmässig keine
Pferdestaffel. Sie musste mit Rücksicht auf die schlechten Wegeverhältnisse in
Polen erst behelfsmässig zusammengestellt werden.
f)
Offizier-Ausrüstung:
Die Einführung
einer Kombination zwischen Koffer und Feldbett (Leichtmetall), wie sie im
russischen Heer 1914 üblich war, erscheint zweckmässig.
g)
Beleuchtung: Die Beleuchtungsmittel (Karbidlaternen) sind gänzlich
unzureichend. Stäbe vom Div.-Stab an aufwärts brauchen Lichtmaschinen mit einer
reichlich zu
bemessenen Zahl an Lampen und Leitungsdraht.
h)
Korpstruppen:
Die Ausstattung
mit Korpstruppen war unzureichend.
Es fehlten
besonders:
1
Korps-Pionier-Batl.
1
Strassenbau-Batl.
1
Brückenbau-Batl.
Wachtbatl'e zur Bewachung und Abtransport von Gefangenen, zur Bewachung von
Beute,
einige Kolonnen zur Verfügung des Gen.-Kdo's.,
eine
Abteilung 21 cm Mörser,
ein
starker Verkehrsregelungsstab.
Das
Fehlen dieser Einheiten machte sich sehr störend fühlbar. Auf dem schlechten
Wegenetz Polens und den zahlreichen zerstörten Brücken hat sich oft der Verkehr
an einzelnen Stellen derart
zusammengeballt, dass nur das Fehlen einer polnischen Luftwaffe Katastrophen
verhindert hat. Frühzeitiger Einsatz von Strassen- und
Brückenbau- Formationen weit
vorn ist in solchen Fällen nötig.
Das
Fehlen einer Mörser-Abteilung wurde bei Mlawa, Pultusk, Wyszkow und Praga
nachteilig empfunden.
B.) Erfahrungen auf dem Gebiet der Führung und
Ausbildung.
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1.) Angriff gegen ständige- und Feldbefestigungen:
Bei Mlawa stiess das I.A.K. auf
eine im Frieden vorbereitete, aber noch nicht fertige Bunkerstellung, alle
Bunker flankierten sich gegenseitig; kein Bunker konnte
Frontalfeuer abgeben. Tiefengliederung fehlte.
Tankhindernisse, Tankgräben und Drahthindernisse waren unvollständig. Die Bunker
waren durch Schützengräben mit
einander verbunden.
Die Stellung ist als
Vorderhangstellung mit grosser Fernsicht, also sehr guter Beobachtung und
Wirkungsmöglichkeit für schwere Waffen angelegt.
Erd- und Bilderkundung nimmt sehr
viel Zeit in Anspruch. Sie war bei Mlawa aus Zeitmangel nicht ausreichend. Die
Folge war eine unzweckmässige Wahl der Einbruchsstelle
für den Panzerangriff durch Panzer-Regt.7. Der Angriff hatte
daher kein Ergebnis.
Bombenangriffe im Hoch- und
Sturzangriff hatten hohe moralische aber wenig sachliche Wirkung. Die
Gesamtwirkung kann von der Angriffsinfanterie nicht schnell genug
ausgenutzt werden, weil sie während des Luftangriffs etwa 800
m von den Angriffszielen aus Sicherheitsgründen entfernt bleiben muss.
Am besten bewährt haben sich
nächtliche Stosstruppunternehmen. Besonders ausgewähltes Personal unter guter
Führung mit allen modernen Hilfsmitteln ist nötig.
Es kommt darauf an, einzelne Eckpfeiler der Bunkerstellung
auszubrechen. Das weitere Durchfressen geht dann leichter.
Ein geplantes Unternehmen unter
Mitwirkung einer 8,8 cm Flak-Batt. und einer Flak-Scheinwerfer-Batt. kam infolge
Ablösung der SS-Standarte nicht zur Ausführung.
Erfahrungen in dieser Richtung sind daher nicht gemacht.
2.) Kampf um Flussübergänge:
Keine besonderen Erfahrungen, die
im Gegensatz zu den allgemeinen Ansichten stehen. Die mot.Pi-Komp. haben sich
beim schnellen Vorwerfen an den Fluss bewährt.
Ebenso hat sich die bei 217. Div.
bei Serock eingesetzte Sturmboot-Komp. sehr bewährt.
Da 2 breite Flussläufe (Narew und
Bug) wenige Tage nacheinander zu überwinden waren, konnten nur 8 t Kriegsbrücken
gebaut werden. Dadurch wurde das Nachführen
der 15 cm Kanonen-Batt. und der mittleren Kampfwagen stark
verzögert.
Beide Flüsse führen zeitweise
starkes Hochwasser. Beim Behelfsbrückenbau muss darauf Rücksicht genommen werden.
Das ist zur Zeit noch nicht der Fall.
3.) Wald- und Ortsgefechte:
Die Auffassung, das Wald- und
Ortsgefechte als Gefechte unter besonderen Verhältnissen ihre eigene
Kampfesweise erfordern und erhöhte Schwierigkeiten bieten, hat sich
bestätigt. Der polnische Gegner hat
es in nachahmenswerter weise verstanden, Waldungen und Ortschaften der
Verteidigung nutzbar zu machen. Seine Gefechtsführung war sehr
beweglich, listig und verschlagen.
Der eigenen Truppe fehlte die
Schulung in dieser Gefechtsart. Die liess sich zunächst überraschen und geriet
durch unvorsichtiges Vorgehen anfänglich leicht in Hinterhalt.
Erst im Laufe der Kampfhandlungen ist die Stosstrupptaktik im
Häuserkampf Gemeingut der Truppe geworden.
Im Waldgefecht waren
Verteidigungslinien mitten im Wald schwer festzustellen und daher von der
Artillerie nicht zu fassen. Der Pole machte von Baumschützen ausgiebig Gebrauch.
4.) Gefecht bei Dunkelheit:
Der Pole kämpfte gern und sehr
geschickt in der Dunkelheit. Wir sind darin zu wenig geschult. Gegen energisch
geführte Feindangriffe mit der blanken Waffe war die Truppe
zunächst sehr empfindlich, wich teilweise aus, forderte
unnötig oft und lange Sperrfeuer an und meldete übertrieben.
Im Laufe des Feldzuges hat sich die
Truppe aber an die feindlichen Nachtangriffe gewöhnt. Sie trugen dann nur noch
zur Beunruhigung bei, ohne taktische Erfolge zu erzielen.
Die Scheu vor dem Kampf mit der blanken Waffe war übrigens
auch bei Tage zu bemerken und ist die Folge vom Fortfall der Ausbildung im "Bajonettieren".
Es hat sich bewährt, bei
nächtlichem Vormarsch die Sicherheitsabstände nicht zu verkürzen, damit sich
örtliche Rückschläge nicht nach hinten übertragen. Keine Pferde und
Fahrzeuge beim Vortrupp. Schiessen nur auf Befehl der Führer.
5.) Einsatz der schweren Inf. - Waffen :
Die schweren Inf.-Waffen haben voll
bewährt.
Das M.G.34 bedarf zu grosser Pflege,
die im Bewegungskrieg bei sandigem Boden nur selten gewährt werden kann.
Die l. und schw.Granatwerfer sind
hervorragend.
Ihr Fehlen bei den Divisionen 2.
und 3.Welle wird sehr nachteilig empfunden. Baldige Ausrüstung dieser Divisionen
mit Granatwerfer ist notwendig.
Das Mitführen des freigemachten
schw. Granatwerfers über lange Strecken stellt übermässige Anforderungen an die
Bedienung. Es ist nötig, den Karren so zu konstruieren,
dass er von einem Kleinpferd möglichst weit gezogen, notfalls
aber auch im Mannschaftszug befördert werden kann.
Die Deichseln brechen häufig ab und
verursachen am Pferd Scheuerstellen. Die schw. Granatwerfer kommen beim Einsatz
häufig zu spät. Sie haben zu weite Wege von ihrer
M.G.-Komp. bis zur Einsatzstelle bei einer Schützenkomp.
zurückzulegen. Sie werden besser den M.G.-Komp. ganz abgenommen und - ebenso wie
die l. Granatwerfer - gleich den
Schützenkomp. gegeben. Ausbildungsschwierigkeiten entstehen
bei der Einfachheit des Geräts nicht.
Die Munitions-Ausstattung der M.G.-Komp.
ist zu gering. Das Gleiche gilt für die s.I.G.
Gepanzerte Fahrzeuge sind beim
Feind so gut wie gar nicht aufgetreten. Die Pak-Komp. und Abtlg. hatten infolge
dessen keine Ziele und wären zum Nichtstuen gezwungen gewesen,
wenn sie sich nicht selbst neue Aufgaben gesucht hätten. Sie
sind mit Nutzen zur Bekämpfung von M.G.-Schartenständen und einzelner schw.
Waffen eingesetzt worden. Die
Leuchtspurmunition war dem Polen sehr unangenehm. Erwünscht
ist eine Sprenggranate, die beim Aufschlag detoniert. Auf den sehr beachtlichen
Bericht der Pz.-Abwehr-Abt.11 wird
aufmerksam gemacht. Die darin gemachten
Organisatonsvorschläge bedürfen jedoch besonderer Prüfung.
Der behelfsmässige Zug durch
handelsübliche Fahrzeuge bei den Divisionen 2. und 3.Welle hat sich nicht
bewährt; er muss baldigst durch Kübelwagen ersetzt werden. Die
Landwehrdivisionen, welche jetzt in Polen als
Besatzungstruppen bleiben, haben überhaupt keine Geländegängigen Fahrzeuge, sie
werden im Winter grosse Schwierigkeiten haben.
6.) Einsatz der Artillerie.
Die in den Vorschriften
niedergelegten Grundsätze haben sich bewährt. Wo schlechte Erfahrungen gemacht
wurden, lag es fast immer daran, dass Mangel an Ausbildung des
betreffenden Führers (Batt.-Abt.) schuld war oder
unerfüllbare Forderungen gestellt wurden. Es muss daher die Hauptsorge der
Ausbildung der Offiziere d.B. der Artl. als
Schiessende und in der Feuerleitung gelten; daneben muss
eingehende Kenntnis der Wirkungsmöglichkeiten der einzelnen Gescnützarten
Gemeingut jedes Führers sein.
(Einsatz von s.F.H. ohne Betongranaten zur Zerstörung von
Betonbunker, l.F.H. mit ungenügender Munitionsmenge zum Beseitigen von
Hindernissen und Häuser).
Zusammenarbeit zwischen Inf. und
Artl. fast überall ausgezeichnet. l.F.H. in ihrer Wirkung gegen lebende Ziele
sehr gut. Sperrfeuer trotz Gefährdung der Infanterie
durch Splitter immer sehr dicht herangezogen. Infanterie
nimmt Gefährdung gerne in Kauf.
Artl.-Kdr. beim Korps muss ständig
vorhanden sein. Schaffung von Artl.-Regt. Stäben z.b.V. für je 3 Abtlg.
notwendig, Fehlen von Mörsern bei der 3. Armee
sehr fühlbar bei den Aufgaben.
Schweres Flachfeuer (15 cm) unter allen Umständen bei Korps-Artl. Ausgebildeter
Ersatz für Beobachtungsabteilungen fehlte, war nicht
vorhanden oder z.T. falsch geleitet. Beobachtungs-Abteilung
deshalb unbrauchbar.
Funksprechgerät für vorgeschobene
Beobachtungs-Stände muss beweglicher gemacht werden, damit dauernder Auf-und
Abbau bei häufiger Verlegung fortfällt und es dauernd
arbeiten kann. Nachts meist nicht verwendbar. Als Mun. Wagen
II.Staffel und l.A.K. Stahlfeldwagen, 6 spännig, fasst das doppelte des
gewöhnlinchen Munitionswagens und kommt
schnell hin.
Das Fehlen eines Ballons wurde
bedauert. Er hätte häufig gute Dienste leisten können.
7.) Einsatz der Pioniere für den Angriff:
Im allgemeinen muss bei jedem
Inf.-Regt. eine Pi.-Komp. geschlossen eingesetzt werden und darf nicht zugweise
zersplittert werden. Sie klärt durch eigene Pi.-Spähtrupps auf.
Die mittleren Flammenwerfer sind zu
unhandlich und zu gross, um auf weite Strecken im Angriff über deckungsloses
Gelände an den Feind herangetragen werden zu können.
Das Fehlen eines Korps-Pi.-Batlns.
machte sich dauernd störend fühlbar.
8.) Bewegungen und Einsatz
der Pz.-Div.:
Dem Gen.-Kdo. war eine normale Pz.-Div.
nicht zugeteilt. Der Verband Kempf ist einer Pz.-Div. nicht gleichzuachten. Eine
Stellungnahme zum Erfahrungsbericht der Div.
Kempf ist bereits mit Schreiben Gen.-Kdo.I.A.K. Nr.168/39 geh.
erfolgt.
Eine solch improvisierte
Verkoppelung von Truppen des Heeres mit SS-Formationen hat sich als nicht
glücklich erwiesen. Diese Formationen sind ihrer Struktur und
Ausbildung nach zu verschieden, als dass sie mit Nutzen
zusammen gespannt werden können.
9.) Einsatz der Truppennachrichtenverbände und
der Nachr.Truppe insbes. Bewährung des Funkgeräts als Führungsmittel bei den
verschiedenen Waffengattungen.
a) Das Nachrichtengerät der
Truppennachrichtenverhände hat sich bewährt. Wünschenswert ist bei den Inf.
Regt´ern die Aufstellung eines mittleren Fernsprechtrupps anstelle
des kleinen
Fernsprechtrupps. Die Frequenzen der Torn. Funktrupps b sind nachts derart
gestört, dass eine Verbindung meist nicht möglich ist.
b) Das
Nachrichtengerät der Nachrichtentruppe
Die
Fernsprechverbindungen waren auch unter schwierigen Verhältnisseh immer gut.
Störungen wurden im allgemeinen schnell beseitigt.
Die
Funkverbindung, gerade in Lagen in denen es darauf ankam, genügten nicht. Mit
der Pz.-Div. Kempf war vor Warschau tagelang keine Verbindung zu erhalten.
c) Die Korps-Nachrichten-Abtlg.41 war durch Abgaben für die
Korps-Nachrichten-Abtlg.z.b.V. geschwächt. Darunter litt die Abteilung den
ganzen Feldzug.
d) Die Funkverbindungen mit Artillerie-Fliegern
funktionierten fast nie. Hier ist grundlegende Änderung nötig.
10.) Unterstützung durch die
Luftwaffe:
Das Zerschlagen der
feindlichen Luftwaffe und das Aussergefechtsetzen der polnischen Führung zu
Kriegsbeginn hat sich voll ausgewirkt; es war die beste Unterstützung
des Heeres durch die Luftwaffe und wird voll anerkannt.
Die Zusammenarbeit mit den
Aufklärungsfliegern 2.(H)/Tannenberg war sehr gut, weil beide Waffen für längere
Zeit zusammengekoppelt, Zeit hatten, sich einzuspielen.
Die Offiziere der Staffel waren passioniert und zeigten
Verständnis für den Erdkampf. Das Schiessen mit Fliegerbeobachtung bedarf noch
weiterhin der Übung. Es fehlen als
Artillerie-Beobachter ausgebildete Offiziere, über das
Versagen des Funkverkehrs Bord-Boden siehe 9 d.
Auch die Zusammenarbeit mit
den Kampfverbänden ging führungstechnisch reibungslos. Das zeigen die grossen
Erfolge beim Zerschlggen feindlicher Marschkolonnen und anderer
Ziele.
Der Einsatz war wendig und ging auf Anforderung schnell, doch ist von Seiten des
Gen.-Kdo's ein Ansatz von Kampffliegern in Nähe der eigenen Truppe, ausser bei
Mlawa
vermieden worden. Die Unterstützung des Angriffs bei
Mlawa durch eine Stuka-Gruppe, 2 Kampf- und 1 Jagdgruppe, war gegen die Bunker
materiell fast wirkungslos, gegen die
Besatzung moralisch bedeutend, aber nicht erschütternd.
Leider wurden die bereits zum 3. und Hauptangriff über Neidenburg befindlichen
Kampfkräfte auf Grund eines Irrtums
eines höheren Luftwaffenführers, Mlawa sei bereits
gefallen, wieder zurück gerufen. Der ganze Angriffsplan kam hierdurch zu Fall.
Bei Mlawa und bei Praga
wurden zahlreiche Spreng-und Brandbomben trotz Hakenkreuze und Fliegertücher in
die eigene Truppe - Inf. und Artl. - geworfen. Es ist nötig,
dass bei solchen Angriffsflügen ein verantwortlicher
Flieger-Verbindungsoffizier des Kampfverbandes, der den Angriff fliegt, bei dem
Stabe ist, in dessen Abschnitt der Angriff
stattfindet. Ohne dessen Mitwirkung dürfen von keiner
Stelle Befehle an den Fliegerangriffsverband gegeben werden.
Die II./Flak 11 hat den
Luftraum über dem I.A.K. von feindlicher Luftbedrohung völlig freigehalten.
Durch Feindflieger hat das I.A.K. keinerlei Verluste erlitten.
11.) Aufklärung:
a)
Erdaufklärung.
Für den
Ansatz der Spähtrupps hat sich der Mangel an Karten unangenehm bemerkbar gemacht.
Die Div.-Aufklärungsabteilung der 2. und 3.Welle sind unzweckmässig
zusammengesetzt. Sie müssen ebenso
gegliedert sein, wie die der 1.Welle.
b) Luftaufklärung.
Die vor
Grenzüberschreitung gemachten Luftbilder aus 8 - 10 000 m Höhe der Befestigungen
von Mlawa genügten nicht. Schrägaufnahmen aus niederer Höhe scheinen
geeigneter. Die Luftaufklärung
arbeitete schnell, war leistungsfähig und genügte den Anforderungen. Der Flievo.
hatte stets Verbindung zu seiner Staffel.
Die Zusammenarbeit war gut. Die
Schulung der Beobachter im Auffinden von Feindbatterien bedarf noch der
Vervollständigung.(Vergl. auch Nr.10.)
12.) Ausbildungsstand der Divisionen 2. und 3. Welle.
Die Divisionen 2. und 3.
Welle Ostpreussens leiden Mangel an Unterführern und Spezialisten. Es liegt dies
an der Zusammensetzung des Friedensersatzes der aktiven
Divisionen. 55% Rheinländer und Westfalen, 45%
Ostpreussen. Ohne Zwangsmassnahmen kommt im Wettstreit mit den etwas
schwerfälligen Ostpreussen, der geistig wendigere
Rheinländer in die Unterfuhrer-und Spezialistenstellung.
Bei seinem Ausscheiden aus der aktiven Truppe aber gehen diese Leute in Heimat
zurück und fallen
damit für die Mobilmachung
der ostpreussischen Divisionen aus. Die seit einigen Jahren im Wehrkreis I
getroffenen Anordnungen, dass in Unterführer- und
Spezialistenstellen in erster Linie Ostpreussen
einzuteilen sind, haben sich praktisch noch nicht genügend ausgewirkt.
a)
61.Division:
Zusammensetzung 2/3 Reserve I mit 2jähriger und 1jähriger Ausbildung. 1/3
Reserve II, Landwehr I und ungediente. Die geringen aktiven Stämme, die wenigen
wirklich
geeigneten Res.Uffz. und der Mangel
an Spezialisten erschweren die Kampfführung. Der moderne Feuerkampf wurde erst
allmählich Gemeingut der Truppe. Grundsätze für
den Kampf gegen befestigte
Feldstellungen waren Uffz. und Mannschaften unbekannt, bei Offz. nur teilweise
und lückenhaft vorhanden.
Die wenigen
wirklichen Persönlichkeiten mussten sich voll einsetzen. Ihnen ist es zu
verdanken, dass die Truppe ihren Aufgaben immer noch gerecht wurde.
b)
217.Division: Zusammensetzung 70% 3-8 Wochen Soldaten, 30%
Weltkriegsteilnehmer und 1 und 2 jährig Gediente ohne vorherige Reservistenübung.
Division ist nicht voll verwendungsfähig. Bei guten
Marschleistungen ist sie nur bedingt zu Abwehraufgaben befähigt.
In der
Durchführung von Befehlen ist die Truppe schwerfällig und langsam. Taktische
Begriffe fehlen.
Im Laufe
des Feldzuges ist eine allmähliche Besserung eingetreten, die Truppe ist
gefestigter. Eine Auffrischung mit jüngeren Leuten, vor allen Dingen Uffz'n ist
erforderlich.
Allgemein:
Die Einstellung vollkommen ungedienter Leute war ein
Experiment, das nach Möglichkeit schnellstens rückgängig gemacht werden muss und
niemals wiederholt werden sollte.
Diese unausgebildeten Leute haben ungewollt als schlechtes Beispiel gewirkt und
zum grössten Teil Schuld an den überall zutage getretenen Disziplinlosigkeiten.
Die ungedienten Leute müssen baldigst durch
ausgebildete Leute ersetzt und selbst in Ersatzformationen abgeschoben werden.
Dort müssen sie von Grund auf neu ausgebildet
werden, sonst bilden sie auf die Dauer eine Gefahr für die. Truppe.
13.) Ausbildungsstand der Offiziere und Unteroffiziere
des Beurlaubtenstandes:
Allgemein.
Auch hier grosse Lücken.
Keine gründliche Durchbildung. Neben taktischer und Waffenausbildung muss auch
die Ausbildung in der Handhabung des inneren Dienstes stehen.
Die meisten als Komp.-pp. Führer eingesetzten Reserve-
und Landwehr- Offiziere waren schimmerlos. Auswahl der für solche Stellen
vorgesehenen Offiziere allein durch
Wehrbezirks-Kommando ist nicht richtig. Das ist Sache
des Regiments-Kommandeurs.
Division 1.Welle:
Es ist erforderlich, dass
alle Reserve-Offiziere mehr als bisher gezwungen werden, während der ganzen
Dauer ihrer Übungen Einheiten verantwortlich zu führen.
Division 2.Welle:
In jedem Regt. muss sich ein
aktiver Batl.-Kdr., in jeder Komp. ein aktiver Offizier befinden. Das
Zusammenziehen und Üben der verstärkten Res.-Inf.Regt.im Frieden auf
Übungsplatzen wird besser öfter und kurz, als selten
und für längere Zeit für richtig gehalten, damit die erlernten Kampfgrundsätze
haften bleiben.
Division 3.Welle:
Ausbildung uneinheitlich.
Batl.- und Komp.- Führer z.T. überaltert. Eine Verjüngung ist dringend
erforderlich. Auch bei den Uffz. die gleiche Erscheinung. Viele haben
seit dem Weltkriege nicht mehr geübt und ihren
Dienstgrad erst beim Ausscheiden erlangt, ohne je praktisch als Uffz. Dienst
getan zu haben.
Die planmässige
Zusammenziehung verstärkter Regimenter zu Übungen im Frieden wird für dringend
erforderlich gehalten.